Ulrich Leyendecker

*  29. Januar 1946

†  29. November 2018

von Lutz Lesle

Essay

Leyendecker setzte sich zwar mit Verfahren der Reihentechnik auseinander, ohne sie aber im eigenen Schaffen anzuwenden. Ihn fesselte die von Schönberg und seinen Schülern kultivierte Arbeit mit Grundgestalten oder Ausgangsmotiven sowie Basisrhythmen. Hinsichtlich der bogen- und spiralförmigen Anlage seiner Werke der 70er- und 80er-Jahre sprachen einige Kommentatoren von »Metamorphosen« kleinster Partikel (Richter 1987, 24; Vogt 1988, 5), die der Komponist – bezogen auf das Konzert für Violoncello und Orchester (1983) und sein 1. Streichquartett (1978) – auch »Urelemente« oder »Hauptelemente« nannte (zit. n. Vogt 1988, 8 f.). Der Terminus Metamorphose verweist auf eine evolutionäre Entfaltung der Form. Die satzübergreifende Substanzgemeinschaft stand in jenen Jahren bisweilen einer trennscharfen Kontrastdramaturgie entgegen; die Sätze flossen oft allzu nahtlos ineinander.

Die für Leyendecker damals charakteristische Genese des Grundmaterials am Werkbeginn verdeutlichen im fünfteiligen 1. Streichquartett (1978) rhythmische Gestalten, die der geräuschhaften, quasi flüsternden Eingangs-Episode folgen (Nbsp. 1). Auch das Konzert für Klavier und Orchester (1980) hat einen – sich progressiv verkürzenden – Leitrhythmus (erstmals in T. 10). Das Konzert für Violoncello und Orchester (1983) basiert dagegen auf einer melodischen Grundidee. Der Solist intoniert sie zuerst in T. 36 f.: (ais)-h-cis-e-gis-f-(d) treten öfter auch vertikal zu einer Art Grundklang zusammen. Nach ...